Seit einigen Tagen geistern sie wieder verschärft durchs Netz, diese beiden Videos: Auf dem einen bohrt sich scheinbar Italiens Ministerpräsident Berlusconi ungeniert in der Nase und auf dem anderen nähert er sich einer Politesse unsittlich von hinten. Beide passen natürlich großartig ins Bild dieses seltsamen Typen. Wäre da nicht ein kleiner Schönheitsfehler: Die Videos zeigen gar nicht Berlusconi.
Ja, die Filmchen passen – sagen wir mal – wie der Mailänder Dom auf die Nase statt wie die Faust aufs Auge: Sie sind wacklig, sie sind unscharf, die müssen doch echt sein. Sie zeigen Berlusconi, diesen kultur- und niveaulose Gesellen, der Italien regiert, in klassischen Fremdschäm-Situationen. Ihm traut schließlich jeder zu, dass er im Café erst ausgiebige Expeditionen ins Naseninnere unternimmt und das zutage geförderte Ergebnis anschließend verspeist, wie hier zu sehen ist.
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=vc38pbBfhJs[/youtube]
Noch berlusconiesker wirkt die folgende Episode: Berlusconi nähert sich einer Politesse von hinten und bewegt rhythmisch seine Hüften, unter eigenem und Gelächter seiner Leibwächter. Vor allem dieses Video machte im Vorfeld des sogenannten „Bunga-Bunga-Prozesses“ die Runde. Klar, ein Mann, der in der Öffentlichkeit schlechte anzügliche Witze macht, andere gerne mal von seiner eigenen Männlichkeit überzeugen muss und wegen einer Geschichte mit einer minderjährigen Prostituierten angeklagt ist, dem trauen wir auch so was zu.
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=RluCs8KYMII[/youtube]
Auch dass am Ende beider Videos zufällig der gleiche Schriftzug zu sehen ist, der da sagt „Bye Bye Berlusconi“, scheint niemanden stutzig zu machen. Selbst, dass die Videos teilweise schon 2006 hochgeladen wurden, also lange bevor Berlusconis Liebesleben überhaupt Thema war, scheint niemanden zu irritieren. Und seltsamerweise erinnert sich auch niemand mehr an diesen Film. Das geht so weit, dass die Sache mit der Politesse sogar hin und wieder als Tatsache in neueren Artikeln auftaucht und damit quasi das Gütesiegel erhält. Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Episode bei Wikipedia zu finden ist und damit ihren endgültigen Siegeszug durchs Web antritt.
Dabei hat ein Kollege schon damals aufgeschrieben, wie es wirklich war: Die Videos waren (ob gewollt oder ungewollt) Teil einer viralen Kampagne zum Filmstart eines deutschen Low-Budget-Films namens „Bye Bye Berlusconi“. Deshalb kommt auch dieser Schriftzug im Abspann. In der Hauptrolle: Ein Schauspieler, der wohl als Berlusconi-Double einige Bekanntheit erlangt hat. Wenn man genau hinschaut, ist der echte Berlusconi wesentlich glatter im Gesicht, ist kleiner und sieht überhaupt ein bisschen anders aus. Und: Die Videos stammen aus dem Jahr 2006, geistern also seitdem durchs Netz und sind kein bisschen neu.
Übrigens lässt sich das alles sehr leicht bei YouTube selbst herausfinden. Wer dort nach „Bye Bye Berlusconi“ sucht, findet unter anderem den offiziellen Filmtrailer, der auch eine der Szenen enthält. Aber es ist natürlich viel schöner, lustiger und einfacher zu glauben, dass der Berlusconi wirklich sooo peinlich ist.